Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland |
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Seite 09
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Da - Schritte! Es knackt im Unterholz. Aus dem Dunkel kommen zwei Männer auf das Feuer zu. Es sind die beiden eingeborenen Treiber, die jetzt vier Stunden Ruhe haben. Nun beginnt unsere Nachtwache. Betty, meine Stute, wiehert leise, als ich ihr den Sattel auflege. Auch Bill reitet los. Wir umkreisen die Herde in entgegengesetzter Richtung, so daß wir uns alle halbe Stunde begegnen. Ich höre Bill schon immer einige Minuten früher, denn er singt wie ich beim Reiten. Das tun wir nicht, weil wir Angst haben, sondern weil es die Rinder beruhigt, wenn sie die Stimmen der Menschen hören. Bill kann man am Gesang sofort erkennen, denn er singt immer nur zwei Lieder abwechselnd, die mal vor 30 Jahren modern waren. Das eine ist furchtbar traurig und handelt von einem Buschräuber, der ein blondes Mädchen liebt, und das andere ist ein verrücktes Cowboylied, bei dem Bill sogar zu jodeln anfängt. Anscheinend singt er jetzt gerade das traurige, denn sonst würde ich ihn schon hören. Bill ist ein feiner Kerl. Er reitet wie der Teufel, und wenn er mit der Peitsche zuschlägt, dann liegt der Stier todsicher. |
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Ach so, das muß ich euch erklären. Unsere Treiber hier in Australien heißen Stockmen, wegen der kurzen Peitsche, die sie immer am Sattel tragen. Sie hat nur einen kurzen Stiel, den Stock, aber eine 7 oder 8 Meter lange Schnur. Bricht nun einmal ein Stier aus der Herde aus, dann jagt der Stockmen in halsbrecherischem Tempo hinter ihm her und schlägt mit der Peitsche zu. Der schmale, lange Riemen wickelt sich blitzschnell um ein Bein, und nach einem kräftigen Ruck liegt das Tier am Boden. Aber das muß man können - und Bill kann es! Die Herde bricht aus Nicht immer ging alles glatt auf unserem Wege nach Wyndham. Es war etwa eine Woche nach unserem Aufbruch. Die Sonne stach, es war glühend heiß, kein Windhauch zu spüren. "Paßt gut auf, Jungens!", warnt Bill. "Die Rinder sind unruhig. Hoffentlich kriegen sie keinen Koller!" Die beiden letzten Wasserlöcher, an denen wir das Vieh tränken wollten, waren ausgetrocknet. Staub und trockene Hitze liegen über dem kahlen Grasland. |
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Bäume gibt es in dieser Ecke kaum, nur hier und da einen Eukalyptusbaum oder einen der komischen Flaschenbäume, die aussehen wie riesige Sodawasserflaschen. Aber beide geben kaum Schatten. Ab und zu fallen die Leittiere in Trab. Und auf einmal ist es passiert! Die ganze Herde beginnt zu galoppieren, schnell und immer schneller. Der Boden dröhnt, Staub wirbelt auf. Bill und einer der Eingeborenen - sie ritten ziemlich weit vorn - werden im Nu durch die rasenden, schnaubenden Rinder abgedrängt. Wir versuchen verzweifelt, die Herde wieder unter unsere Gewalt zu bekommen. Gut, daß wir Bill dabei haben! Während er in jagendem Ritt versucht, wieder die Spitze zu erreichen, winkt er uns anderen mit der Hand. "Hierher! Alle hierher!" brüllt er aus Leibeskräften. Dabei steht er in den Steigbügeln! |
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